Rebus by Ian Rankin

Rebus by Ian Rankin

Autor:Ian Rankin
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
veröffentlicht: 2019-10-08T10:08:37+00:00


Das gefährliche Schloss

Sir Walter Scott war tot.

Man hatte ihn auf der obersten Aussichtsplattform des Denkmals seines Namensvetters gefunden, in den Princes Street Gardens, einem Herzschlag erlegen und mit einem leistungsstarken Fernglas um den mageren, altersfleckigen Hals.

Sir Walter war bis zu seiner ein Jahr zurückliegenden Pensionierung einer der angesehensten Kronanwälte Edinburghs gewesen. Während er die unzähligen Stufen (es mussten Hunderte sein) der Wendeltreppe zur Spitze des Scott-Denkmals hinaufstieg, hielt Detective Inspector John Rebus einen Moment inne, um sich ein, zwei seiner gerichtlichen wie außergerichtlichen Zusammenstöße mit Sir Walter ins Gedächtnis zu rufen. Er war eine furchterregende Gestalt gewesen, listig, verschlagen und scharfsinnig. Das Gesetz war für ihn eher eine Herausforderung als eine Verpflichtung gewesen. Für John Rebus war es lediglich sein Job.

Als Rebus die letzte Steigung erreichte, tat ihm alles weh. Die Stufen wurden immer schmaler, die Spirale der Wendeltreppe immer enger. Eigentlich nur breit genug für einen einzigen Menschen. Auf dem sommerlichen Höhepunkt seiner Popularität, dachte Rebus, wenn sich Horden von Touristen wie Zahnpasta durch die Tube da hinaufquetschten, musste das Scott Monument wirklich eine furchterregende Angelegenheit sein.

Laut und heftig keuchend platzte er durch die kleine Türöffnung auf die oberste Plattform und versuchte erst einmal, wieder zu Atem zu kommen. Was sich da rings um ihn ausbreitete, war schlicht und einfach die schönste Aussicht in ganz Edinburgh. Dicht hinter ihm die Burg, vor ihm die New Town, die sich sanft hinunter zum Firth of Forth neigte, jenseits davon, in der Ferne, Fife, wo Rebus geboren und aufgewachsen war. Dann Calton Hill … Leith … Arthur’s Seat … schließlich wieder die Burg. Es war atemberaubend – beziehungsweise wäre es gewesen, wenn ihn nicht schon der Aufstieg außer Atem gebracht hätte.

Die Plattform, auf der er stand, war unglaublich schmal; auch hier gab es kaum Platz, um sich an jemandem vorbeizuquetschen. Wie voll wurde es hier im Sommer? Gefährlich voll? Schon jetzt, bei nur vier Leuten, wirkte es beängstigend überfüllt. Er schaute über die Brüstung hinunter in den Park, wo eine Schar von Touristen – zunehmend ungehaltener, weil sie das Denkmal nicht besteigen durften – zu ihm hochstarrte. Rebus fröstelte.

Nicht dass es kalt gewesen wäre. Es war Anfang Juni. Der Frühling erblühte endlich – spät, aber immerhin – zum Sommer, aber dieser kalte Wind, den keine Sonne je zu erwärmen schien, verließ die Stadt nie. Er fuhr Rebus jetzt in die Knochen, wie um ihn daran zu erinnern, dass er in einem nördlichen Klima lebte. Rebus drehte sich wieder um, und sein Blick fiel auf Sir Walters in sich zusammengesackte Gestalt, was wiederum ihn daran erinnerte, warum er sich hier befand.

»Einen Moment habe ich befürchtet, wir würden gleich noch eine Leiche am Hals haben«, sagte Detective Sergeant Brian Holmes. Er hatte sich gerade mit dem Polizeiarzt unterhalten, der neben der Leiche hockte.

»Muss mich nur ein bisschen verschnaufen«, erklärte Rebus.

»Sie sollten es mit Squash versuchen.«

»Für alternative Kindergetränke habe ich nichts übrig.« Der Wind biss Rebus in die Ohren. Besser er hätte sich nicht am Wochenende die Haare schneiden lassen. »Wie sieht’s aus?«

»Herzinfarkt. Der Arzt meint, das sei sowieso zu erwarten gewesen.



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